Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit – Lesejahr A

Wie wirklich ist dein Gott?

Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit – Lesejahr A

 

Während einer Schulung in Spiritueller Begleitung, an der ich teilnahm, fragte die Leiterin bei der Supervision – wir befanden uns an einem entscheidenden Punkt unserer Sitzung, und es machte ihr offenbar Spaß, dieses zu fragen: „Wie ist dein Gott eigentlich?“ Und sie erweiterte ihre Frage noch – es war ihr offensichtlich ein Anliegen, dass ich mich um eine tief gehende Antwort bemühte: „Wie fühlt sich Gott für dich an? Wie riecht er? Wie schmeckt er? Wie sieht er aus? Wie klingt er für dich?“

Anfangs schienen mir diese Fragen dumm und sinnlos, schwer zu beantworten. Schließlich aber eröffneten sie mir einen vollständig neuen Weg, Gott zu erfahren. Ich tue das gleiche jetzt auch mit Menschen, die zu mir wegen einer Spirituellen Begleitung kommen. Und ich sehe, wie sich in ih­nen ein Prozess ereignet, der sie aus völliger Ratlosigkeit zu einer Form von Erleuchtung führt. Durch diese Fragen wird Gott für uns wirklicher.

Wenn sie mich zum Beispiel fragen würden: „Wie schmeckt Gott für sie?“, dann könnte ich viel­leicht folgendes sagen: „Er schmeckt wie der Duft eines erfrischenden Abends nach einem Regen­schauer in einer hügeligen Landschaft. Die Luft ist frisch. Das Aroma von Limonen liegt in der Luft. Und man genießt es, die Luft tief einzuatmen.“ Dieser Gott ist für mich wirklich! Natürlich, das Bild ist eine Analogie. All unser Reden von Gott findet in Analogien statt. Aber diese Bilder machen Gott für uns real.

Wir feiern heute das Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit. Dass es in der Christlichen Tradition notwen­dig wurde, den Glauben an die Dreifaltigkeit zu entwickeln, liegt darin begründet, dass der Christli­che Gott ein realer, ein ‘konkreter’ Gott ist. Er ist ein Gott, zu dem ich eine persönliche Beziehung aufnehmen kann. Er ist drei Personen in einer! Religionen, die keine sinnlich erfahrbaren Bilder von Gott kennen, kennen keinen Glauben an Dreifaltigkeit und Menschwerdung. Ihr Gott bleibt weit weg und unpersönlich.

Der wirkliche Vater

Die heutige erste Lesung aus dem Buch Exodus (34, 4-6, 8-9) beschreibt Gott auf sehr konkrete Weise: „Mo­ses rief den Namen Gottes an. Der Herr zog an ihm vorbei… Und Moses warf sich so­fort zu Boden und betete ihn an.“ Es erinnert, obwohl ganz anders, an die Szene im Garten Eden (Gen 3,8):­ „Der Mann und seine Frau hörten die Stimme Jahwes, der in der Abendkühle im Garten umherging. Und sie versteckten sich vor Jahwe Gott zwischen den Bäumen des Gartens.“

Im Alten Testament gibt es viele Beschreibungen, in denen Gott auf sehr reale, sinnlich fassbare und erfahrbare Weise geschildert wird.

Zum Beispiel in Genesis 18, 1: „Jahwe erschien Abraham an der Eiche von Mamre, wo er während der heißesten Zeit des Tages vor dem Eingang seines Zeltes saß. Er sah auf und sah drei Männer vor sich stehen.“ Diese drei Männer werden als Engel beschrieben. Später aber ist die Darstellung so, als ob Abraham mit Gott selbst um Sodoma und Gomorrha feilscht.

Und in Genesis 32, 25 steht folgendes: „Und Jakob blieb alleine. Dann kämpfte jemand mit ihm bis zur Morgendämmerung.“ Dieser ‘Jemand’ wird zunächst als Engel präsentiert. Am Ende wird deut­lich, dass es Gott selbst ist.

Und in Exodus 3, 1: „Moses hütete die Herde seines Schwiegervaters… Er trieb sie bis zum äu­ßersten Ende der Wüste und kam zum Berg Horeb, dem Berg Gottes. Der Engel Jahwes er­schien ihm in einer brennenden Flamme mitten in einem Busch.“

Dem Propheten Elija wurde gesagt (in 1 Kön 19, 11): „’Gehe nach draußen auf den Berg und stelle dich vor Jahwe.’ Denn Jahwe ging gerade vorüber. Ein mächtiger Sturm erschütterte die Berge und spaltete die Felsen. Aber Jahwe war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Aber Jahwe war nicht im Erdbeben. Nach dem Erdbeben kam Feuer. Aber Jahwe war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes Säuseln. Als Elija dies hörte, bedeckte er sein Gesicht mit seinem Mantel, ging nach draußen und blieb am Eingang der Höhle stehen.“

Wie viele von uns sprechen mit Gott, wie es Abraham tat? Wie viele von uns haben mit Gott ge­kämpft, wie es Jakob tat? Hast du Gott in einem brennenden Busch gesehen oder in einer sanften Brise erlebt? Erscheint Gott nicht mehr auf diese Weise? Oder sind wir zu rational geworden, dass wir Gott in diesen Bildern nicht mehr erkennen können? Oder liegt es daran, dass wir darauf war­ten, Gott in ungewöhnlichen Phänomenen außerhalb unserer selbst zu begegnen? Ich meine, dass der Kampf Jakobs, der brennende Busch Moses’, die sanfte Brise Elijas innere Vorgänge sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott, während wir intensiv beten, oft in Form von Bildern mit uns kommuniziert. Diese Bilder machen Gott für uns konkret und wirklich! Sind wir bereit, uns durch diesen unseren wirklichen Gott überraschen zu lassen?

Der wirkliche Sohn

Der Hebräer-Brief beginnt mit diesen Zeilen (Hebr  1, 1-2): „Viele Male in der Vergangenheit und auf vielerlei Weisen hat Gott zu unseren Vorfahren durch die Propheten gesprochen. Jetzt aber, vor nicht langer Zeit, hat Gott zu uns durch seinen Sohn gesprochen….“

Die Johanneischen Texte (die Briefe und das Evangelium) sind bemüht, mit beredten Worten die Wirklichkeit des Sohnes zu bestätigen. In 1 Joh 1, 1-2 heißt es: „Etwas, das seit Beginn der Zeiten existierte, das wir selbst gehört haben, das wir mit unseren eigenen Augen gesehen haben, das wir mit unseren eigenen Händen berührt haben, das Wort vom Leben – das ist es, worüber wir schreiben. Dieses Leben wurde sichtbar gemacht. Wir haben es gesehen und bezeugen es hier­mit….“ Ja, „das Wort wurde Fleisch, es lebte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen“ (Joh 1, 14).

Der Text des heutigen Evangeliums spricht wieder von dem Geheimnis der Menschwerdung: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Joh 6, 16). Das Geheimnis der Menschwerdung und das Geheimnis der Dreifaltigkeit gehören zusammen. Eins setzt das andere voraus. Ganz platt ausgedrückt: Wenn Gott in Jesus in Nazareth war, wer hat sich dann um das Universum gekümmert? Ja, das waren der Vater und der Heilige Geist. Darum ist es auch sinnvoll in Bezug auf die Auferstehung Jesu zu sagen, „der Vater erweckte ihn auf“ (Apg 2, 33; Gal 1,1).

Der wirkliche Geist

„Als der Pfingsttag gekommen war, waren alle versammelt. Plötzlich kam ein Brausen vom Himmel wie ein heftiger Wind, dieser erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, und auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder“ (Apg 2, 1-3). Beschreibt die­se Darstellung äußere Ereignisse oder ein inneres Geschehen? Wenn man es als gegeben an­sieht, dass es sich irgendwann einmal als äußere Ereignisse so zugetragen hat, wird man es ver­mutlich nie selbst erfahren. Es bleibt bloße Geschichte. Wenn wir es aber als inneres Geschehen verstehen,dann sind wir vielleicht in der Lage, es hier und heute selbst zu erfahren. Ja, Gottes Geist ist wirklich und sinnlich erfahrbar. Diejenigen, die ihn erfahren haben, können es be­zeugen.

Ich erfahre ihn als jemanden, der mir die Gute Nachricht des Evangeliums bringt. Ich erfahre ihn als jemanden, der mir hilft wahrzunehmen und zu erkennen. Aber ich muss mich beeilen hinzuzu­fügen, dass es nur dann geschieht, wenn ich auf ihn ausgerichtet bin. Ich möchte ihnen in aller Be­scheidenheit ein Beispiel aus meinem Leben erzählen. Seit 2008 bin ich in London und arbeite an meinem Doktorat. In der Mitte des Jahres 2009 geriet ich einen Zwiespalt, was meine Arbeit betraf. Nachdem ich so lange in Afrika gearbeitet hatte, beinahe 16 Jahre, vermisste ich die Afrikanischen Jugendlichen und fühlte mich zwischen meinen Büchern in London wie begraben. Der Wahlspruch meiner Priesterweihe (im Mai 1996) lautete: „Eine Gute Nachricht für die Armen“ (Lk 4, 18). Ich hatte das Gefühl, dass mich mein Doktortitel vom Dienst an den einfachen Jugendlichen abbringen und zu einem Dienst an Akademikern führen würde. Ich hatte keinen inneren Frieden mehr. Im Juli 2009 fuhr ich nach Indien, in das Besinnungszentrum Chalakudi, um an den Internationalen Ju­gend-Besinnungstagen teilzunehmen, mein drittes Mal! Die Frage, wie mein künftiger Dienst aus­sehen würde, war in meinem Hinterkopf präsent, beschäftigte mich aber nicht so sehr. Am Freitag­morgen – es war der letzte Tag der Besinnung – gegen 4 Uhr… ich möchte sagen, weckt mich der Heilige Geist auf und sagt mir: „Römer eins vierzehn b“ (Röm 1, 14b). Ich sehe deutlich wie ein Bild einen Text vor mir. Was für ein Text es ist, kann ich nicht erkennen. Und ich habe die Anwei­sung, nur den zweiten Teil des Verses zu lesen. So nehme ich meine Bibel und lese, und der Text lautet. „Den Gebildeten und den weniger Gebildeten… allen habe ich etwas mitzuteilen.“

Ja, Gottes Geist ist wirklich. Er hat eine Stimme. Ja, der Sohn ist wirklich. Er hat einen Körper. Ja, unser Gott ist wirklich!

„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen“ (2 Kor 13, 13)!!!

 

Sahaya G. Selvam, SDB

Nairobi, 19. Juni 2011

Übersetzung Alfons Nowak