Bei Gott arbeitslos zu werden, könnte dir so etwas passieren?

 Bei Gott arbeitslos zu werden, könnte dir so etwas passieren?

27. Sonntag im Jahreskreis A

Jes 5, 1-7; Ps 79; Phil 4, 6-9; Mt 21, 33-43 –

 ‘Arbeitslosigkeit’ ist ein Wort, das man in diesen Tagen oft hört! Durch die ökonomischen Verhält­nisse werden mehr und mehr Menschen überflüssig. Sie werden freigesetzt, entlassen. Allein seit Au­gust, seitdem ich wieder in Großbritannien bin, habe ich mit drei Menschen gesprochen, die selbst oder aus deren Familie jemand kürzlich seine Arbeit verloren hat.

Wir sollten nicht zulassen, dass durch das Profitdenken der Konzerne oder die Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst unser Selbstwertgefühl als Mensch beschädigt wird. Die Arbeitslosigkeit hat mit persönlicher Fähigkeit und Eignung oft nichts zu tun. Auch das in der westlichen Welt so beliebte Spiel ‘Monopoly’ könnte dem Verlierer das Gefühl geben, nichts wert zu sein.  Wenn ich die Worte der heutigen 2. Lesung, „Macht euch keine Sorgen… „ (Phil 4, 6), wiederhole, könnte es auf Men­schen, die ich in der letzten Tagen getroffen habe und die arbeitslos geworden sind, gefühllos wir­ken. Für manche aber mögen sie auch Trost bedeuten. Die von uns, die noch Arbeit haben, müs­sen im­mer wieder etwas dafür tun, dass sie ihre Arbeit nicht verlieren.

Im heutigen Wort Gottes geht es auch um Entlassungen, aber sie sind von anderer Art, als wir sie kennen. Es geht um ‘Arbeitslosigkeit bei Gott’. Und darüber möchte ich spre­chen.

Drei Gleichnisse vom Weinberg

In den Kapiteln 20 und 21 des Matthäus-Evangeliums hören wir drei Gleichnisse, die alle mit einem Weinberg zu tun haben. Die Lehre dieser Gleichnisse, die wir an den letzten drei Sonntagen (25. bis 27.) gehört haben, baut aufeinander auf.

1. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1-16) lehrt uns, wie Gott mit uns Men­schen umgeht. Dass jedem von uns seine Gnade offen steht.

2. Das Gleichnis der zwei Söhne (Mt 21, 28,32) lehrt uns, wie wir auf die Einladung Gottes antwor­ten können. Wir können mit ‘Ja’ und mit ‘Nein’ antworten, nicht bloß in Worten, sondern in der Wei­se, wie wir seine Gnade wirken lassen. Und

3. das Gleichnis von den bösen Pächtern (Mt 21, 33-43) – der heutige Evangeliumstext – lehrt uns, welche Folgen unsere Antwort auf das Angebot Gottes für uns hat.

In aller Kürze könnte man es so ausdrücken: Wie Gott mit uns umgeht. – Wie wir antworten können. – Was die Konsequenz unserer Antwort sein könnte.

Für das Verständnis ist es wichtig zu beachten, dass Jesus das erste Gleichnis erzählt, bevor er in Jerusalem einzieht und dass es an alle seine Jünger gerichtet ist (Mt 19, 28). Die beiden anderen Gleichnisse richten sich an die Hohepriester und Ältesten, und Jesus erzählt sie im Tempel (Mt 21, 23) nach seinem triumphalen Einzug in Jerusalem (Mt 21, 1-11).

Im Rahmen des Matthäus-Evangeliums, das für eine jüdischen Hörerschaft geschrieben wurde, ist es klar, dass das Bild des Weinbergs eine Anspielung auf das Volk Israel ist. Explizit ausgespro­chen wird dies in der ersten Lesung aus dem Buch Jesaja (5, 1-7). Gott der Herr beklagt, dass im Haus Israel, in seinem Weinberg, Gerechtigkeit und Gemeinsinn nicht gedeihen. Die  Reaktion des Psalmisten ist ein Ruf nach Gottes Hilfe, wobei er gleichzeitig Gefühle von Dankbarkeit, Reue und Hoffnung ausdrückt – wir sprechen seine Worte im Antwortpsalm des heutigen Tages. „ Nie mehr wollen wir dich verlassen. Erhalte uns am Leben, damit wir deinen Namen verkünden. Gott unseres Heils, reiße uns heraus. Lass dein Angesicht über uns leuchten, dann werden wir gerettet sein“ (Ps 79, 8-9).  Was kann dieses Gleichnis für uns heute bedeuten?

Hütet euch davor, bei Gott arbeitslos zu werden

Man kann das Gleichnis der untreuen Pächter auf verschiedenen Ebenen deuten:

Im Angesicht seines nahen Leidens und Sterbens scheint Jesus in diesem Gleichnis sein eigenes Schicksal vorherzusagen. Dass er, so wie es dem Sohn des Eigentümers durch die Pächter des Weinbergs ergeht, außerhalb der Stadtmauern getötet werden wird (Mt 21, 38-39). Auch schließt er damit die Aussage ein, dass ihn sein Vater zu gegebener Zeit rechtfertigen wird.

Zweitens, wenn man daran denkt, dass das Matthäus-Evangelium in der frühen Kirche entstanden ist, als die Christen aus den Synagogen hinausgeworfen wurden, dann kann man annehmen, dass der Schreiber des Evangeliums die Hoffnung vermitteln will, dass die Christliche Gemeinde in Zu­kunft rehabilitiert werden wird.

Bedenkt man, dass sich das Gleichnis an die Führerschaft der Juden richtet, so könnte man seine Botschaft heute auf die jetzt Verantwortlichen in den Gemeinden beziehen. Die Kirche als das Neue Israel ist der neue Weinberg. Wenn die Verantwortlichen die ihnen anvertrauten Gaben zu ihrem ei­genen Vorteil nutzen, wird die Sorge für die Gemeinden anderen übertragen werden.

Zum Schluss möchte ich ausführen, dass dieses Gleichnis für jeden von uns eine tiefe und wichtige Bedeutung haben kann. Das Gleichnis lädt uns ein, darüber nachzudenken, wie wir auf die Gnade Gottes antworten. Es hält uns die Warnung vor, dass wir zu Opfern unserer eigenen Entscheidung werden können. Wichtig ist zu bemerken, dass die Worte der Verurteilung aus dem Mund derer kommen, die das Gleichnis hören. Als Jesus sie am Ende des Gleichnisses fragt, was der Besitzer des Weinbergs wohl tun wird (Mt 21, 40), sind sie es, die sagen: ‘Die sich so verbrecherisch verhal­ten haben, werden entsprechend enden. Und den Weinberg wird er anderen Pächtern übergeben, die ihm die Ernte im Herbst pünktlich abliefern’. Dann wendet Jesus ihr eigenes Urteil gegen sie selbst: Auf die gleiche Weise „wird das Reich Gottes euch weggenommen werden und einem Volk übertragen werden, das die erwarteten Früchte bringt“ (Mt 21, 43). Dieser Entzug einer Bevorzu­gung ist das, was ich mit ‘Spiritual Redundancy’ meine, ‘Entlassen werden aus geistlichen Grün­den’, ‘arbeitslos werden bei Gott’. Und dies geschieht als Konsequenz unserer eigenen Entschei­dungen.

Wie vermeiden wir es, ‘entlassen, arbeitslos zu werden’? Es geschieht dadurch, dass wir mit Be­geisterung und innerer Anteilnahme das leben, zu dem wir berufen sind – unsere Christliche Beru­fung. Das geht nur durch Überschreiten dessen, was das bloße Mindestmaß ist. Es kann bedeuten, ein spirituelles Leben zu pflegen, auf diesem Weg fortzuschreiten. Es kann bedeuten, das zu leben, was Paulus so ausgedrückt hat: „Richtet eure Gedanken auf das, was gut ist und Lob verdient, was wahr, edel, ge­recht, rein, liebenswert und schön ist… Dann wird der Gott, der Frieden schenkt, mit euch sein (Phil 4, 8-9).

Sahaya G. Selvam, sdb

Lon­don, 2. Oktober 2011

Übersetzung Alfons Nowak